Der stille Holzriese aus dem Zillertal

*PROGNOSE, QUELLEN: HOLZKURIER, BINDER, EIGENE RECHERCHEN Umsatz Binderholz in Mio. Euro 2.600* 2022 1.600 2021 1.500 2020 952 2019 999 2018 585 2017 483 2016 400 2015 Von 400 Millionen auf 2,6 Milliarden Euro Umsatz binnen sieben Jahren: Dank einer cleveren Expansionsstrategie und einer Holzpreisrallye hat die Tiroler BINDERHOLZ-GRUPPE dieses Jahr ihren spektakulärsten Wachstumssprung fixiert – trotz erbitterter Konkurrenz aus Österreich. Der stille Holzriese aus dem Zillertal E rst wenn man von der firmen­ eigenen „SichtBAR“ in 16Me­ tern Höhe auf das Gelände von Binderholz in Fügen blickt, wird einem klar, was die Wendung „viel Holz vor der Hütte“ wirklich bedeutet. Meter für Meter stapeln sich Rundhölzer, Hack­ schnitzel warten auf die Weiterverarbei­ tung im Biomassekraftwerk, mächtige Schaufelbagger bahnen sich denWeg zwi­ schen den schier endlosen Reihen. „70.000 Festmeter“, antwortet der elegante Herr im karamellfarbenen Kaschmirmantel knapp auf die Frage, wie viel denn hier gelagert sei. Wichtiger Nachsatz: „Aber nur kurz.“ Denn vom Zillertal aus geht das Holz über Zwischenstationen in die Welt hin­ aus: Im nahen Jenbach wird es zu Leim­ bindern, im salzburgischen Unternberg zu Brettsperrholz weiter verarbeitet. Die Tochterfirma bsolutions mit Sitz in Hal­ lein fertigt ganze Nasszellen und Wand­ elemente vor, und in den Baumärkten von Deutschland bis USA greifen Kun­ den ohnehin gern zu Profil oder Leisten­ holz aus dem Hause Binder. Der elegante Herr, der keinWort zu viel verliert, heißt Reinhard Binder. Er ist 67, sieht aber zehn Jahre jünger aus – viel­ leicht weil er angesichts des Expansions­ tempos der letzten Jahre ganz einfach keine Zeit hat, älter zu werden. Er leitet mit einer Reihe anderer Binders (siehe Bild auf der rechten Seite) die Binder­ holzGruppe, 1950 gegründet und seit 2021 das größte Sägewerksunternehmen Europas. Der stille Riese aus dem Ziller­ tal, der 1.200 seiner 5.000 Mitarbeiter in Österreich beschäftigt, wird mit der so­ eben übernommen britischen Firma BSW nächstes Jahr voraussichtlich 2,6 Milliar­ den Euro umsetzen; darin inkludiert sind 800 BSWMillionen. Das Closing für den Kauf, bei dem die Tiroler die heimischen Konkurrenten MayrMelnhof aus der Steiermark und Hasslacher aus Kärnten ausstachen, ist für Ende Dezember ge­ plant. Zu den vier Sägewerksstandorten in Deutschland, je zwei in Finnland und den USA sowie einem in Österreich kommen mit der Transaktion sieben in Großbritan­ nien und eines in Lettland dazu. Mit die­ ser Größe tastet sich das Unternehmen umsatzmäßig an den SpanplattenRiesen Egger aus dem eigenen Bundesland her­ an, der 2020 2,8Milliarden Euro umsetz­ te. Und mit dem in einer dramatischen Krise geschrumpften Kristallkonzern Swarovski aus dem nahen Wattens mit zuletzt 2,6 Milliarden ist man nun gleich auf. In sieben Jahren, fasst Binder en pas­ sant zusammen, habe man den Umsatz mehr als versechsfacht. Während Swarovski aber eben seine Fluglinie verkaufen muss (siehe Seite 7), hat Binder vor Kurzem eine gegründet: Binder Aviation. In einer Embraer Phen­ om 300 werden die Führungsteams effi­ zient zu Standorten in Schottland oder FAMILY BUSINESS. Neben den drei Söh- nen des Gründers, Reinhard (links), Ex- Formel-1-Fahrer Hans (2. v. r.) sowie Franz Binder (r.) werkt auch schon die dritte Generation in der Geschäftsfüh- rung: Mattheo Bin- der und Natalie Bin- der. Der Grundsatz, zu hundert Prozent ein Familienunter- nehmen bleiben zu wollen, ist trotz Ex- pansion sakrosankt. VON BERNHARD ECKER „Wir sind mit beiden Beinen immer am Bo- den geblieben und mit den meisten Mit- arbeitern in unserer Firmengruppe per Du.“ REINHARD BINDER BINDERHOLZ-CHEF GUTE AUSSICHTEN. Aus dem Zillertal in die Welt: Binderholz (Bild: Reinhard Binder) hat sich als Partner für Bau- märkte ebenso wie für Architekten positioniert. Finnland befördert. Allzu gerne redet der Chef, der am Boden einen Audi etron fährt, nicht darüber, denn die Fliegerei steht in einem Widerspruch zum Nach­ haltigkeitsImage, das für den aktuellen Höhenflug von zentraler Bedeutung ist. Unter den vielen namhaften Playern der heimischen Holzindustrie, neben Eg­ ger etwa Kaindl und Schweighofer, gilt Binderholz derzeit nicht nur als der wachstumsstärkste, sondern auch als der innovativste. Längst sind die Zillertaler nicht mehr nur Brettschneider, sondern CoEntwickler von gigantischen Projek­ ten in Holzbauweise: Mit Architektenbü­ ros werden quer über den Globus Gebäu­ de geplant. Beim derzeit größten Massiv­ holzprojekt in den USA werden in Cleveland, Ohio, für ein neungeschoßiges Gebäude mit 288 Wohneinheiten und ei­ nem integrierten Shoppingcenter über 7.000 Kubikmeter Binderholz verbaut. Auch bei der Errichtung des mit 27 Stock­ werken dann höchsten Holzhauses der Welt sind die Österreicher fix an Bord: Es wird in Daressalam entstehen, der Millio­ nenstadt in Tansania. „Sie machen definitiv keine halben Sachen“, sagt Johann Pabst, Chef des gleichnamigen steirischen Holzindustri­ eunternehmens, über den Mitbewerber anerkennend. Das sieht man bei den fa­ milieneigenen Hotelprojekten, bei denen nicht gekleckert wird, sondern geklotzt: Reinhard Binders Frau Christina Bin­ derEgger betreibt mit dem Posthotel 37 36 TREND | 10. 12. 2021 TREND | 10. 12. 2021 FOTOS: ROLAND MUEHLANGER, BEIGESTELLT HÜTREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH FAKTOR SECHS. Kein Unternehmen der hei- mischen Holzindustrie ist so gut aus der Krise nach 2008 gekommen wie Binderholz aus Fügen im Zillertal.

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